09/09/2022

APPLE DAY

Damit die Erstklässler das Alphabet einfacher lernen, muss jedes Kind etwas für die Gspänli mitbringen, das mit der Arbeit des Vaters zu tun hat. Mahdis Vater verkauft Äpfel in den Strassen Teherans und so muss der kleine Junge 30 Äpfel mitbringen, wenn der Buchstabe A dran ist. Das wäre kein Problem, wenn nicht der Pickup des Vaters mitsamt den Äpfeln gestohlen worden wäre.

Der Raub des Fahrzeugs bedeutet für die vierköpfige Familie den Verlust ihres Haupteinkommens und möglicherweise die Rückkehr aufs Land, wo es keine Perspektiven gibt. Mutter Mahboubeh arbeitet zwar als Wäscherin, verdient damit aber nur ein Zubrot.

Während der Vater beinahe verzweifelt und die Mutter nach alternativen Einnahmequellen sucht, nimmt sich Mahdis älterer Bruder Saeed des Apfelproblems an. Mit Wille, Witz und Fantasie versucht Saaed, die benötigten Äpfel zusammenzutragen…

Mahmoud Ghaffaris «The Apple Day» erzählt eigentlich eine einfache Geschichte über eine iranische Familie, die trotz immenser Anstrengungen kaum über die Runden kommt. Da man im Iran nicht frei sprechen kann, formulieren Kulturschaffende wie Ghaffari ihre Kritik metaphorisch oder als Parabel. Die versteckten Anspielungen auf das korrupte politische System und die ungeschönte Schilderung der Lebensrealität der iranischen Unterschicht machen den Spielfilm zu einer Gesellschaftskritik im Sinne des Neorealismus. Saeeds Optimismus und seine Entschlossenheit verkörpern die Hoffnung, die nicht nur im Iran auf den Kindern ruht.

Natalie Fritz, Religionswissenschaftlerin und Redaktorin Medientipp

«The Apple Day (Rooz-e sib)», Iran 2022; Regie: Mahmoud Ghaffari; ProtagonistInnen: Arian Rastkar, Aria Mohammadzadeh, Zhila Shahi; Verleih: Trigon-Film, www.trigon-film.org; Filmseite: www.trigon-film.org/de/movies/apple_day

Ab 8. September 2022 im Kino