12/12/2019

MIDNIGHT TRAVELLER

In der Heimat muss er um sein Leben fürchten – aufgrund eines Interviews mit einem Taliban-Kommandanten, der für den Frieden einstand. Nach dessen Ermordung entscheidet sich der afghanische Filmemacher Hassan Fazili zusammen mit seiner Familie zur Flucht nach Europa. Mit dabei sind auch ihre Handys, auf denen sie die über 5000 Kilometer lange und mehrjährige Tortur über die gefürchtete Balkanroute festhalten. Auf diesen Bildern sieht man Hassan, seine Frau Fatima und ihre Töchter Nargis und Zahra, wie sie von Schleppern um ihr Geld betrogen und irgendwo am Strassenrand ausgesetzt werden. Man ist dabei, als die vierköpfige Familie wiederholt versucht, zu Fuss über eine Grenze zu kommen. Man begleitet sie in verschiedene Asylunterkünfte, in denen die Kinder Ausschlag bekommen oder von den Einheimischen bedroht und angegriffen werden. Man folgt ihnen in ein kaltes leerstehendes Abbruchhaus, das ihnen in der Not als Nachtlager dient. Doch auch Momente des Glücks und der Ausgelassenheit werden geteilt. Man sieht die Kinder gross werden und die Familie an ihren Rückschlägen wachsen.

Mit ihrem Gemeinschaftsprojekt ist den Fazilis ein ungeschönter Blick aus dem Abgrund heraus gelungen. Der Film schildert die Erlebnisse ihrer beschwerlichen Reise, trägt ihre Hoffnungen und Ängste und teilt damit ein persönliches Schicksal, das oft nur von aussen wiedergegeben wird. Die Frage, was wir selbst für unsere Freiheit bereit wären auf uns zu nehmen, stellt sich niemals so dringlich wie hier.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«Midnight Traveler», Afghanistan 2019, Regie: Hassan Fazili, Verleih: Trigon, http://www.trigon-film.org, Filmhomepage: https://www.midnighttravelerfilm.com/

Kinostart: 12. Dezember 2019

Trailer

Bild: Nargis Fazili, die Tochter der Filmemacher Hassan und Fatima Fazili beim Selfie in einem Lager © trigon-film.org

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