17/01/2023

R.M.N.

Matthias muss Deutschland verlassen und zurück in sein transsilvanisches Heimatdorf. Sofort! Seine Frau hat ihn informiert, dass der achtjährige Sohn Rudi kaum mehr spreche und sich einnässe. Irgendetwas hat ihn zutiefst verstört. Verzweifelt versucht Matthias, dem kleinen Rudi ein Bild von Männlichkeit und Stärke zu vermitteln. Er findet, seine ihm entfremdete Frau habe den Jungen während seiner arbeitsbedingten Abwesenheit verzärtelt, ihn nicht vorbereitet auf den Kampf, der das Leben ist.

Zeitgleich versuchen die beiden Leiterinnen der ortsansässigen Grossbäckerei von EU-Fördergeldern zu profitieren, indem sie den Betrieb vergrössern. Weil die Einheimischen nicht zum Mindestlohn arbeiten wollen, sich lieber im Ausland verdingen, stellen sie drei Sri-Lanker ein.

Bald schon kippt die Gastfreundschaft der Dorfbewohner*innen, sie projizieren ihre Ängste und Probleme auf die drei Männer. Hatten die Rumänen nicht jahrhundertelang das christliche Europa gegen die Muselmanen beschützt? – Und das ist der Dank Europas, Fremde, die ihnen die Stellen streitig machen?!

Cristian Mungiu verwebt die beiden Erzählstränge kunstvoll zu einem pointierten Manifest für mehr Toleranz, aber ohne Mahnfinger. In einer Dorfversammlung lässt er die Sichtweise verzweifelter, weil vermeintlich «abgehängter» Transsilvaner*innen auf eine pro-westliche, liberale Perspektive prallen. Das ist eindrücklich und tut weh – weil wir uns nicht nur fremdschämen, sondern wissen, dass eine solche Szene überall vorkommen könnte!

Natalie Fritz, Religionswissenschaftlerin und Redaktorin Medientipp

«R.M.N.», Belgien/Frankreich/Rumänien 2022; Regie: Cristian Mungiu; ProtagonistInnen: Marin Grigore, Judith State, Macrina Barladeanu; Verleih: cineworx; Homepage: www.cineworx.ch; Filmseite: cineworx.ch/movie/r-m-n-rmn-mungiu/

Ab 16. Januar 2023 im Kino

Bildnachweis: www. Medientipp.ch